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13.08.2020
5. Die Verwilderung des Denkens:
Hannah Arendt über Karl Marx
13.12.2009
Falsche Anthropologie als Kriegsideologie
Zu Obamas Friedensnobelpreisrede
Zur Wahl von Obama zum Friedensnobelpreisträger / Krieg in der kapitalistischen Epoche / Anthropologie als Kriegsideologie / Gerechter Krieg? / Zivilisierende Rolle des Kapitals? / Menschenrechte im Imperialismus
Zum Kommentar...
Religion und Gewalt
Christlicher Fundamentalismus,
islamischer Faschismus und Gewalt
im Zeitalter des demokratischen
Imperialismus
Oder
wie ist ein ewiger Frieden möglich?
Oktober 2004
Christlicher Fundamentalismus,
islamischer Faschismus und Gewalt
im Zeitalter des demokratischen
Imperialismus
Oder
wie ist ein ewiger Frieden möglich?
Inhalt
Zur
Irrationalität der Religionen
Der
„Richterstuhl der Vernunft“ - vom ewigen Frieden
Exkurs
zur Rolle der Philosophen und allgemein der Intellektuellen
Kritik
an Kants Konzeption vom ewigen Frieden
Ursachen
der Gewalt in der kapitalistischen Gesellschaft
Ideologie
im Zeitalter des Imperialismus
Das
Christentum als Ideologie
Islam
als Ideologie
„Fundamentalismus“
- Christlicher
Nihilismus und islamischer Faschismus
Fast alle
„Terrorismusexperten“ unterscheiden zwischen bösen Islamisten und dem
friedlichen Islam. Kaum ein Gedanke wird daran verwendet, dass Religion überhaupt
als irrationale Weltdeutung selbst zum Terror beitragen kann. Ebenso werden die
Ursachen des Terrors von den sogenannten Sicherheitsexperten letztlich in
anthropologischen Konstanten oder anderen Ideologien gesucht, um die Ursachen
der Gewalt in der kapitalistischen Produktionsweise nicht nennen zu müssen. Wir
zeigen dagegen, wie Religion und Kapitalismus terroristische Gewalt gebären.
Nur eine Vergesellschaftung der Produktionsmittel unter der rationalen Kontrolle
der Menschen (Sozialismus) kann strukturelle Gewalt beseitigen. Billiger ist
eine friedliche Welt nicht zu haben.
Anlass für diesen
Essay war der Mord an den Kindern von Beslan. Die einfache Erinnerung daran,
dass Mord an Schulkindern und ihren Lehrern eine Tradition hat, zwingt dazu, die
Reflexion über lokale Probleme wie den Tschetschenienkonflikt hinaus zu
erweitern. So haben Großgrundbesitzer in Guatemala ganze Schulklassen mit ihren
Lehrern massakrieren lassen, denn lesefähige Landarbeiter, die auch
Gewerkschaftszeitungen lesen können, waren für sie ein Horror. So haben
portugiesische Terrorbanden einst in Angola ganze Schulen zerstört und die
Kinder und Lehrer getötet, um die dortigen Völker einzuschüchtern und sie zu
zwingen, als entwurzelte billige Arbeitskräfte auf den Plantagen zu arbeiten.
In Afghanistan haben die Taliban weltliche Schulen geschlossen und Mädchen ganz
aus den Schulen vertrieben. (Auch in dem zivilisierten Deutschland drückt sich
Bildungsfeindlichkeit aus, etwa im Regelunterricht Religion, im klassenmäßig
geordneten dreigliedrigen Schulsystem und in der Tatsache, dass Philosophie eher
ein Randfach ist oder in vielen Schulen gar nicht vorkommt.) Während der Kriege seit dem 19. Jahrhundert sind Kinder als Opfer
bewusst in Kauf genommen worden. Man denke nur an die Terrorangriffe auf London,
Warschau, Dresden und Hiroschima. Den bisherigen Höhepunkt der Gewalt
allerdings verursachte der deutsche Faschismus mit seiner fabrikmäßigen Tötung
vieler Millionen Männer, Frauen und Kinder aus rassischen Gründen. All diese
Grausamkeiten und Bestialitäten sind durch Irrationalitäten gerechtfertigt
worden. Sie setzen ein Bewusstsein bei den Tätern und ihren Mitläufern voraus,
das entweder religiös (auf bloßen Glauben bezogen) oder ideologisch (falsches
Bewusstsein zur Herrschaftssicherung) bestimmt ist – also irrational in Bezug
auf den Stand der Vernunft, wie er sich seit der griechischen Antike entwickelt,
in Kant einen ethischen, in der Marxschen Kapitalanalyse einen
gesellschaftsanalytischen und in der modernen Naturforschung einen
naturwissenschaftlichen Höhepunkt erreicht hat.
Zurück zum Anfang
Solange es eine von
oben durchgesetzte Religion in Europa gab, konnte sie dogmatisch das Bewusstsein
beherrschen. So war es im frühen Mittelalter. Doch schon das Judentum war ein
Stachel im Fleisch des christlichen Abendlandes. Erst recht die Konfrontation
mit der damals höher entwickelten Kultur des Islams in Spanien und dann die
Begegnung der Kreuzfahrer mit dieser Kultur im Nahen Osten zwang das Denken des
christlichen Abendlandes sich mit diesen fremden Religionen auseinander zu
setzten. Anselm von Canterbury wollte allein mit rationalen Gottesbeweisen (sola
rationis) die anderen beiden monotheistischen Religionen vom christlichen
Gott überzeugen nach dem Motto: credo ut intelligam (was so viel heißt
wie: ich glaube, da / damit es verstandesgemäß ist). Der Glauben sollte den
Verstand rechtfertigen, wie der Verstand die Religion rechtfertigen sollte. Doch
die Religion, einmal dem rationalen Denken ausgesetzt, zerstört sich selbst,
sie wird abgelöst durch Religionskritik. Das wird deutlich an der scheinbar rationalen Grundlage der Religion, den Gottesbeweisen.
Religion steht und fällt
mit ihrer Gottesvorstellung. Wer oder was ist Gott? Sowohl nach jüdischer,
christlicher wie islamischer Bestimmung ist Gott Person, Schöpfer der Welt,
Naturkraft (wie z.B. unbewegter Beweger), allmächtig, allgemeine Vernunft,
Moralwächter. Bei den Christen kommt noch die Trinität hinzu, die eine –
wenn auch widersprüchliche – Verbindung von Diesseits und Jenseits
konstruiert. Im Koran heißt es von Gott: „Er ist Allah, außer dem es keinen
Gott gibt, der Wisser des Ungesehenen und des Sichtbaren. Er ist der Gnädige,
der Barmherzige! Er ist Allah, außer dem es keinen Gott gibt, der König, der
Heilige, der Eigner des Friedens, der Gewährer von Sicherheit, der Beschützer,
der Allmächtige, der Verbesserer, der Majestätische. (...) Er ist der Allmächtige,
der Allweise!“ (Zitiert nach Russo, Islam, S. 46)
Einen solchen Gott,
wie ihn die drei monotheistischen Religionen annehmen, kann man prinzipiell auf
zweierlei Weise rational begründen wollen. (Eine mythologische Begründung ist
von vornherein irrational, verweigert also in der Moderne die Kommunikation und
kann anderen nur mit Gewalt eingetrichtert werden.) Entweder man geht von der
Welt aus und schließt auf Gott (kosmologischer Gottesbeweis) – oder man
schließt vom Begriff Gottes auf seine Existenz (ontologischer Gottesbeweis).
Dass die Welt da ist, dass sie eine sinnvolle Struktur hat (z.B. Naturgesetze)
und dass sie Zwecke enthält, die realisiert werden (z.B. Leben), führt zur
Frage nach den Ursachen von Existenz und sinnvoller Struktur der Welt. Nach dem
Satz vom zureichenden Grund („Alles hat seinen zureichenden Grund.“), ohne
den unser Denken nichts auf der Welt erkennen könnte, schließt man auf einen
Grund, der Sinn geben, Zwecke setzen, Struktur schaffen kann. Dieser Grund soll
Gott sein, der nur geistig gedacht werden kann, weil Sinn, Zweck, Struktur
geistige Gebilde sind. Ein Gott, der allmächtig gedacht wird, ist im
kosmologischen Gottesbeweis aber abhängig von der Welt, aus der er geschlossen
wird. Gott wäre letztlich Teil der Welt und nicht transzendent, er wäre abhängig
von den materiellen Dingen, die er strukturiert, und nicht allmächtig. Die
philosophische Theologie hat, um den Widerspruch zwischen Allmacht und Abhängigkeit
zu entgehen, Gott zum Schöpfer der Welt erklärt. Als Grund der Welt ist er
zugleich Schöpfer der Welt. Da Gott aber eine geistige Substanz sein soll, d.h.
ein nur geistig existierendes Wesen, müsste aus dem Geist ein Materielles
entstanden sein. Der Grund wäre geistig, die Folge ein Materielles. Vertrete
man diese These, dann wäre das Verhältnis von Grund und Folge ad absurdum geführt.
Denn aus Gleichem kann immer nur Gleiches folgen, aus Geist nur Geistiges, und
Materie kann nur umgeformt werden. Ließe man einen geistigen Grund zu, der ein
Materielles erzeugte als seine Folge, wäre die Vernünftigkeit unseres Denkens
außer Kraft gesetzt, jeder Unsinn ließe sich begründen. Mit der Negation der
Vernünftigkeit unseres Denkens wäre aber auch die vernünftige Begründung der
Schöpfungsthese negiert. Außerdem wäre ein Grund der Welt, der als Schöpfer
auftritt, nicht notwendig ein Gott, wie er in den obigen Religionen gedacht
wird. Es könnte ebenso ein unpersönlicher Grund der Welt sein. (Oder die Welt
könnte als ewig vorgestellt werden, so wie sie ist, dann wäre ein Gott als Schöpfer
zu denken überflüssig.) Dass es ein Gott als Person ist, setzt immer schon den
Begriff Gottes, wie er in den heiligen Texten erscheint, voraus. Der
kosmologische Gottesbeweis setzt also notwendig den ontologischen Gottesbeweis
voraus. In diesem wird von dem Begriff Gottes, wie ihn die Offenbarungen
liefern, auf seine Existenz geschlossen. Wer sagt uns aber, dass die Offenbarung
nicht ein Priesterbetrug ist? Der ontologische Gottesbeweis hat deshalb von
vornherein bereits mythologische Grundlagen. Da der Begriff Gottes seine
Existenz einschließt, muss also Gott existieren, wenn wir einen solchen Begriff
von ihm haben. Denn einem allmächtigen Gott kann seine Existenz nicht mangeln.
Dieser Gottesbeweis ist nur schlüssig, wenn man eine realistische Sprachtheorie
zu Grunde legt, nach der ein Begriff das innere Wesen der Dinge darstellt, unser
Begriff in der Seele nur das realistische Abbild des Begriffs in der Sache
selbst ist. Mit der nominalistischen Kritik an der realistischen Sprachtheorie fällt
aber dieser Gottesbeweis. Begriffe als Universalien können nicht real in den
Dingen sein, denn dies führt auf den Widerspruch, dass ein Universales zugleich
Einzelding und Allgemeines wäre. So schließt Ockham: „Daraus und aus vielen
anderen (Gründen) ergibt sich, daß das Universale eine Intention der Seele
ist, die von vielen ausgesagt werden kann. (...) Also ist nur eine Intention der
Seele oder ein (sprachliches) konventionelles Zeichen ein Universale.“ (Ockham,
Universalienproblem, S. 480) Auch
wenn man die nominalistische Reduktion von Begriffen auf willkürlich gemachte
Namen (nomen) nicht akzeptiert, hat doch die nominalistische Kritik an
der realistischen Sprachtheorie die volle Leistung der menschlichen Subjektivität
bei der Bildung von Begriffen erkannt. Es ist der Mensch, der seine Welt
begrifflich erfasst. Er macht sich seine Begriffe auf Grund der empirischen
Erfahrung und auf Grund seines Verstandes und seiner Vernunft. „Gott“ ist
demnach ein von Menschen gemachter Begriff, ein Fantasieprodukt, ein flatus
vocis im wahrsten Sinne des Wortes, eine Übersteigerung von Phänomenen
bzw. von menschlichen Eigenschaften, Phänomene, die durchaus auch rational erklärbar
sind, oder doch, wenn sie noch nicht erkannt sind oder prinzipiell nicht
erkennbar sind, keinen Gott zwingend voraussetzen.
Diese Argumentation
wird heute auch von den seriösen Theologen akzeptiert. Da sie jedoch ihren
Gottesbegriff retten wollen, behaupten sie seit Ockham: credo quia absurdum (ich glaube, weil es absurd, unlogisch, unbeweisbar ist. Gemeint ist: Da es
nicht beweisbar ist, kann ich nur glauben). Statt rationaler Begründung wird
irrationaler Glaube gesetzt. Eine moderne Variante dieses Satzes findet sich bei
Wolfgang Beinert. „Man kann sehr gute Gründe angeben, die seine Existenz
nahelegen, und gar nicht schlechte Gründe beibringen, die sie bestreiten. Die
Sachlage bleibt also argumentativ offen: In der Theologie wird das dadurch
ausgedrückt, dass man von Gott als bleibendes Geheimnis spricht. Man
kann seine Existenz nur mittels einer existentiellen Grundentscheidung als real
annehmen. Diese ist der Glaube. Theismus wie Atheismus sind also
gleichermaßen Glaubenshaltungen. Das kann auch gar nicht anders sein. Die
Verborgenheit oder Geheimnishaftigkeit Gottes beruht nicht auf menschlicher
Verstandesschwäche, die möglicherweise einmal behoben wird, sondern liegt in
seinem Wesen selber. Als grundloser Grund entzieht er sich aller fest-stellenden Begründung.“
(Christentum, S. 193) Hier wird der
Irrationalismus offen bekannt (und zugleich der Atheismus als Glauben
diffamiert). Ein „bleibendes Geheimnis“ ist kein Grund, also gar kein
Gegenstand des Denkens. Über etwas Unbekanntes kann man nicht reden. Was nicht
begründbar ist, darüber kann man überhaupt nichts aussagen, jedenfalls dann
nicht, wenn es nicht sinnlich erfahrbar ist. Macht man dennoch Aussagen über
ein geistiges Nichts oder schließt man aus einem solchen Nichts auf ein Etwas,
dann hat dies noch nicht einmal den Rang einer Hypothese, sondern ist die blanke
Willkür, bloße Behauptung, einfach Schwindel. Nach diesem
Argumentationsschema wäre jedes und sein Gegenteil begründbar. Tatsächlich
stellen wohl die Interessen des Aussagenden den Grund für das Ausgesagte dar,
das einem „Gott“ nur zugeschoben wird – und wenn dieses Ausgesagte bereits
2000 Jahre Herrschaftsgeschichte hinter sich hat, dann wird auch das Interesse
erkennbar. Eine Gottesannahme hat heute theoretisch nichts gegenüber der
„Vorsehung“ eines Hitlers oder dem Voodoozauber von Analphabeten oder dem
Paradiesglaube von Bin Laden voraus, auch wenn es eine Dogmengeschichte gab, die
einst wichtige Probleme des Geistes formulierte und die einmal das avancierte
Bewusstsein der Menschheit darstellte. Religion ist heute, wie ja auch die Zunft
der Theologen mit Beinert zugibt, nichts anderes als Dezisionismus, willkürliche
Entscheidung, eine heilige Hure, die mit jedem ins Bett geht, der sich ihrer
bedient.
(Wir verzichten hier auf eine immanente Kritik der christlichen oder
islamischen Mythologie, weil mit der Widerlegung der Gottesbeweise auch diese fällt.
Burkhard Müller hat eine solche „Kritik des Christentums“ abgeliefert,
siehe Müller, Schlussstrich, sowie auch unsere Rezension
dieses Buches, die demnächst erscheinen wird.)
Dass die Religion
seit 700 Jahren theoretisch tot ist und trotz Aufklärungsepoche in Europa
weiter besteht, beruht auf gesellschaftlichen Interessen und Zuständen, die
nicht mehr zur Theologie gehören, sondern der Sozialkritik verfallen. „Der Mensch
macht die Religion, die Religion macht nicht den Menschen. Und zwar ist die
Religion das Selbstbewußtsein und das Selbstgefühl des Menschen, der sich
selbst entweder noch nicht erworben oder schon wieder verloren hat. Aber der
Mensch, das ist kein abstraktes, außer der Welt hockendes Wesen. Der
Mensch, das ist die Welt des Menschen, Staat, Sozietät. Dieser Staat,
diese Sozietät produzieren die Religion, ein verkehrtes Weltbewußtsein,
weil sie eine verkehrte Welt sind. Die Religion ist die allgemeine
Theorie dieser Welt, ihr enzyklopädisches Kompendium, ihre Logik in populärer
Form, ihr spiritualistischer Point-d´honneur, ihr Enthusiasmus, ihre moralische
Sanktion, ihre feierliche Ergänzung, ihr allgemeiner Trost- und
Rechtfertigungsgrund. Sie ist die phantastische Verwirklichung des
menschlichen Wesens, weil das menschliche Wesen keine wahre Wirklichkeit
besitzt. Der Kampf gegen die Religion ist also mittelbar der Kampf gegen jene
Welt, deren geistiges Aroma die Religion ist. Das religiöse Elend ist in einem der Ausdruck des
wirklichen Elends und in einem die Protestation gegen das wirkliche
Elend. Die Religion ist der Seufzer der bedrängten Kreatur, das Gemüt einer
herzlosen Welt, wie sie der Geist geistloser Zustände ist. Sie ist das Opium des Volkes. (...) Die Kritik des Himmels verwandelt sich damit in die Kritik der
Erde, die Kritik der Religion in die Kritik des Rechts, die Kritik
der Theologie in die Kritik der Politik.“ (Marx, Einleitung, S. 378 f.)
Zurück zum Anfang
Wenn verschiene
Denkrichtungen und Weltanschauungen aufeinander prallen, dann gilt nach Kant:
„Der kritische Weg ist allein noch offen.“ (Kritik der reinen
Vernunft, S. B 884) Ist Religion
erst einmal durch Kritik desavouiert, dann kann das menschliche Denken mit
seinen Vermögen Verstand, Vernunft und Urteilskraft seine Welt rational deuten.
An der Philosophie ist es zu zeigen, zu welchen Resultaten sie im Hinblick auf
die Gewalt und den Frieden gekommen ist.
Für Kant gibt es nur
die Alternative Krieg oder Vernunft. Eine Vernunft, die nicht dem avancierten
Stand des Denkens entspricht, d.h. ohne sich selbst kritisch reflektiert zu
haben in Bezug auf ihre Vermögen und ihre Tradition „ist gleichsam im Stande
der Natur, und kann ihre Behauptungen und Ansprüche nicht anders geltend
machen, oder sichern, als durch Krieg“. (Kr.d.r.V., B 779) Alle religiösen Vorstellungen und alle Ideologien heute sind, soweit sie
überhaupt Vernunft enthalten, noch im rohen „Stande der Natur“, etwas mit
ihnen durchzusetzen geht nur mittels Gewalt und Krieg. Eine Mutter, die mit
ihrem Kind jeden Abend betet, übt Gewalt auf es aus, weil sie die erwachende
Vernunft des Kindes verblödet. Ein Vater, der seinen Sohn zwingt, Verse des
Korans auswendig zu lernen und in rituellen Handlungen tief in sein Bewusstsein
zu versenken, übt Gewalt auf das Kind aus, da er verhindert, dass es einmal
seine Welt rational begreifen kann. „Die Kritik dagegen, welche alle
Entscheidungen aus den Grundregeln ihrer eigenen Einsetzung hernimmt, deren
Ansehen keiner bezweifeln kann, verschafft uns die Ruhe eines gesetzlichen
Zustandes, in welchem wir unsere Streitigkeite nicht anders führen sollen, als
durch Prozeß. Was die Händel in dem ersten Zustande endigt, ist ein Sieg,
dessen sich beide Teile rühmen, auf den mehrenteils ein nur unsicherer Friede
folgt, den die Obrigkeit stiftet, welche sich ins Mittel legt, im zweiten aber
die Sentenz, die, weil sie hier die Quelle der Streitigkeiten selbst trifft,
einen ewigen Frieden gewähren muß.“ (Kant, Kr.d.r.V., B 779 f.) Religionen und Ideologien sind per se dogmatisch, weil sie,
wenn sie sich der Kritik aussetzten, ihr Falschheit entdecken und zugeben, also
sich auflösen müssten. Statt sich diesem vernünftigen Weg der Kritik
auszusetzen, bekämpfen sie sich bis zum Meuchelmord. „An einem Freitag, dem 2. Juli 1993, steckten
Untergrund-Fundamentalisten ein Hotel in der türkischen Stadt Sivas in Brand,
wobei 36 säkular orientierte Schriftsteller bei lebendigem Leibe
verbrannten.“ (Tibi, Iman; S. 340) Kant
hat dagegen die Hoffnung, dass dieser permanente Krieg des Menschentiers mit der
göttlich gedachten Fähigkeit zu denken, es endlich zwingt vernünftigen
Argumenten zugänglich zu werden. „Auch nötigen die endlosen Streitigkeiten
einer bloß dogmatischen Vernunft, endlich in irgendeiner Kritik dieser Vernunft
selbst, und in einer Gesetzgebung, die sich auf sie gründet, Ruhe zu suchen; so
wie Hobbes behauptet: der Stand der Natur sei ein Stand des Unrechts und der
Gewalttätigkeit, und man müsse ihn notwendig verlassen, um sich dem
gesetzlichen Zwange zu unterwerfen, der allein unsere Freiheit dahin einschränkt,
daß sie mit jedes anderen Freiheit und eben dadurch mit dem gemeinsamen Besten
zusammen bestehen könne.“ (Kant, Kr.d.r.V., B 780)
Was
in der „Kritik der reinen Vernunft“ nur erst ein isolierter Gedanke ist,
wird von ihm in seiner Schrift „Zum ewigen Frieden“ ausgeführt. Aus dem a
priori konstruierten Recht (der „Metaphysik der Sitten“) folgert Kant auf
Rechtsartikel, die notwendige Bedingungen der Möglichkeit eines dauerhaften
Friedens sind. Dazu gehören, dass Friedensschlüsse keine Gründe für künftige
Kriege beinhalten sollen, „stehende Heere“ (nicht aber Milizen zur bloßen
Verteidigung) abgeschafft werden, keine „Staatsschulden in Beziehung auf äußere
Staatshändel gemacht werden“ und das gilt: „Kein Staat soll sich in die
Verfassung und Regierung eines anderen Staats gewalttätig einmischen.“ (Kant, Frieden, S. 196 ff.) Wenn
ein Krieg zustande kommt, dann sollen wenigstens keine Mittel angewandt werden,
die einen späteren Friedensschluss unmöglich machen. (Konkret nennt er u.a.
den „Meuchelmord“, heute müsste man dazu den Terror gegen Zivilisten zählen.)
Damit nicht die Willkür eines Präsidenten, Kanzlers, Königs, Diktators oder
Tyrannen leicht zum Krieg führen kann, sollte die bürgerliche Verfassung in
jedem Staate „republikanisch“ sein. Gemeint ist damit ein Staat, in dem
Gewaltenteilung zwischen Exekutive und Legislative herrscht. Sieht man von den Rücksichten
Kants in seiner Zeit ab, dann könnte man durchaus von einer repräsentativen
Demokratie sprechen.) Unter der Bedingung des Weltmarktes, in dem die einzelnen Staaten durch vielfältige Interessen eingebunden sind, ist nur ein „Förderalism“
zwischen den Staaten sinnvoll, ein „Völkerbund“, der weder ein
Einheitsstaat ist, das würde der Vielfalt widersprechen, noch ein
unverbindlicher Zusammenschluss, der keine friedenssichernde Wirkung hätte.
Abschließend wird noch das Recht eines Fremdlings darauf beschränkt, nicht
feindselig behandelt zu werden.
Da die kantischen
Rechtsgrundsätze heute ihrem Wesensgehalt nach zum Völkerrecht gehören, von
den allermeisten Staaten anerkannt (wenn auch nur z.T. verwirklicht) sind, könnte
man kritisch fragen, warum es denn noch immer Kriege gibt? Ja, warum eine bürgerliche Demokratie wie die USA gegen all diese Rechtsgrundsätze verstößt und
ein anderes Land (Irak) überfällt? Diese Frage nach empirischen Verhältnissen
ist nicht abwegig in Bezug auf apriorische Rechtsartikel, weil Recht nur dann
Bedeutung hat, wenn es tatsächliche Sachverhalte regelt. Ein Recht von Nichts wäre
kein Recht. Kant bestimmt die Durchführbarkeit seiner Gedanken zum permanenten
Frieden denn auch als Prozess der ständigen Annäherung an dieses Ideal, ohne
es jemals auf Grund der menschlichen Natur vollständig erreichen zu können. In
der Natur des Menschen, die ihn zu Krieg, Rechtsbrüchen und unmoralischem
Handeln verleitet, sieht Kant zugleich auch (dialektisch) die Triebkraft zum
permanenten Frieden. „Das, was diese Gewähr (Garantie) leistet,
ist nichts Geringeres, als die große Künstlerin Natur (natura daedala rerum), aus deren mechanischem Laufe sichtbarlich
Zweckmäßigkeit hervorleuchtet, durch die Zwietracht der Menschen Eintracht
selbst wider ihren Willen emporkommen zu lassen, und darum, gleich als Nötigung
einer ihren Wirkungsgesetzen nach uns unbekannten Ursache, Schicksal, bei
Erwägung aber ihrer Zweckmäßigkeit im Laufe der Welt, als tiefliegende
Weisheit einer höheren, auf den objektiven Endzweck des menschlichen
Geschlechts gerichteten, und diesen Weltlauf prädeterminierenden Ursache Vorsehung genannt wird.“ (Kant, Frieden, S. 217) Allerdings
ist die Eintracht schaffende Zwietracht der Natur des Menschen („ungesellige
Geselligkeit“) nicht ausreichend. Zu den Erfahrungen, zu was die Zwietracht
der Menschen fähig ist, also den Erfahrungen der Geschichte als Schlachtbank,
des Krieges als Rückfall in Barbarei und den anderen Scheußlichkeiten muss
allmählich die aufgeklärte Vernunft hinzutreten. Denn die Natur, deren Gesetz
die Selbsterhaltung ist, schafft es höchstens bis zur Kriegspause
(Waffenstillstand). In Analogie mit der Entstehung von Verfassungsstaaten in
Europa sieht Kant auch eine verfassungsmäßige Ordnung zwischen den Staaten als
möglich an. „Das Problem der Staatserrichtung ist, so hart wie es auch
klingt, selbst für ein Volk von Teufeln (wenn sie nur Verstand haben), auflösbar,
und lautet so: ‚Ein Menge von vernünftigen Wesen, die insgesamt allgemeine
Gesetze für ihre Erhaltung verlangen, deren jedes aber in Geheim sich davon
auszunehmen geneigt ist, so zu ordnen und ihre Verfassung einzurichten, daß,
obgleich sie in ihren Privatgesinnungen einander entgegen streben, diese
einander doch so aufhalten, daß in ihrem öffentlichen Verhalten der Erfolg
eben derselbe ist, als ob sie keine solche böse Gesinnungen hätten.’“
(Kant, Frieden, S. 224) (Eine
Pointe dieses Textes von Kant ist, dass Leute, die Selbstmordattentäter gegen
Unschuldige losschicken, noch schlimmer als Teufel oder Teufel ohne Verstand
sind!) Auf die zwischenstaatlichen Beziehungen angewandt, „bedient sich die
Natur zweier Mittel, um Völker von der Vermischung abzuhalten und sie
abzusondern, der Verschiedenheit der Sprachen und der Religionen,
die zwar den Hang zum wechselseitigen Hasse, und Vorwand zum Kriege bei sich führt,
aber doch, bei anwachsender Kultur und der allmählichen Annäherung der
Menschen zu größerer Einstimmung in Prinzipien, zum Einverständnisse in einem
Frieden leitet, der nicht, wie jener Despotism (auf dem Kirchhofe der Freiheit)
(gemeint ist eine Weltdiktatur, d.Verf.), durch Schwächung aller Kräfte,
sondern durch ihr Gleichgewicht, im lebhaftesten Wetteifer derselben,
hervorgebracht und gesichert wird.“ (Kant, Frieden, S. 225 f.)
Zurück zum Anfang
Das heißt für Kant
aber nicht, dass die Philosophen nun Staatsführer werden sollen, wie Platon das
einmal gefordert hat. Zwar verkörpern die Weisheitslehrer das Prinzipienwissen
der Menschheit, das durch ungeheure Opfer entstanden ist, aber als Machthaber würden
sie korrumpiert. „Das Könige philosophieren, oder Philosophen Könige würden,
ist nicht zu erwarten, aber auch nicht zu wünschen; weil der Besitz der Gewalt
das freie Urteil der Vernunft unvermeidlich verdirbt. Daß aber Könige oder königliche
(sich selbst nach Gleichheitsgesetzen beherrschende) Völker die Klasse der
Philosophen nicht schwinden oder verstummen, sondern öffentlich sprechen
lassen, ist beiden zu Beleuchtung ihres Geschäfts unentbehrlich und, weil diese
Klasse ihrer Natur nach der Rottierung und Klubbenverbindung unfähig ist, wegen
der Nachrede einer Propagande verdachtlos.“ (Kant, Frieden, S. 228) Die meisten muslimischen Länder haben eine staatliche Zensur und
erlauben keinen öffentlichen Gebrauch der Vernunft, wenn er kritisch ist. Sie
haben deshalb auch den Stand eines Massenbewusstseins, das voraufklärerisch
ist, eben „geistlose Zustände“. Auch trifft die Kantische Argumentation
nicht auf die Rolle der Intellektuellen zu, die heute im Westen
wissenschaftliche Politikberatung machen. Diese ist entweder nur technischer
Natur oder sitzt den vorherrschenden Ideologien auf, macht sich also von
vornherein der Nachrede der Propaganda verdächtig. Über die Vernunft des gängigen
Typus des Intellektuellen in der Gegenwart sagt Regis Debray, dass er unfähig
zur Kritik der bestehenden Verhältnisse geworden ist. Er wechselt seine Meinung
je nach politischer Lage „so, wie er es braucht, um seinen Marktwert in der Öffentlichkeit
zu erhalten“ (nach Müller: Reformlüge, S. 385). Der Philosoph als Weisheitslehrer (nicht zu verwechseln mit den üblichen
Philosophieprofessoren) aber lehrt die obersten Zwecke und Prinzipien autonom,
unabhängig von Interessen irgendeiner Macht. Er ist nur der Menschheit als
Ganzer verpflichtet, nicht einem nationalen Interesse, das heute immer ein
Interesse des nationalen Kapitals ist. Gerade als solcher ist der
Weisheitslehrer eine notwendige Voraussetzung des Friedens, wenn dieser über
die Naturwüchsigkeit konkurrierender Machtpolitik hinausgehen soll.
Wie weit einige
Staatsmänner und Terroristenführer von einer wie immer reflektierten
Philosophie entfernt sind, zeigen zwei Beispiele: Bin Laden und Georg Busch
aufzufordern sich mit stichhaltigen Argumenten für ihre Kriege zu
rechtfertigen, das sind philosophisch durchdachte Begründungen, die auf dem
avancierten Stand der Vernunft beruhen, wirkt angesichts ihres Bewusstseins lächerlich.
Busch, der „mächigste Mann der Welt“ beruft sich auf einen antiken
Amateurphilosophen. So meldet die HAZ mit dem Untertitel: Georg W. Bush umwirbt
die bibeltreuen Evangelikalen – bei denen sein Gegenkandidat kaum punkten
kann: „Georg W. Bush zählt zu den gläubigsten Regierungschefs, die die USA
je hatten. Er liest täglich in der Bibel, und Jesus bezeichnet er als seinen
Lieblingsphilosophen. Mehr als zwei Drittel der Amerikaner halten es für
wichtig, dass der Mann an der Spitze feste religiöse Grundsätze hat. Auf das
Millionenheer der Evangelikalen können Bushs Wahlkampfstrategen bauen.“ (HAZ
25/26.9.04 S. 3: Titel: Der
Glaubensfaktor im Wahlkampf der USA) Was
für ein Niveauverfall gegenüber einer heute auch nur ansatzweise möglichen
reflektierten Politik. Stattdessen holt sich Busch sein Bewusstsein von dem
Nichtphilosophen Jesus bzw. den Laienplatonikern unter den Evangelisten ab,
Leute, die schon vor fast 2000 Jahren nicht auf der geistigen Höhe ihrer Zeit
waren. Und dies ist der Chef einer Weltmacht, die mehrmals die ganze Erde
vernichten könnte, die ein Destruktionspotenzial angehäuft hat, das jeden
Landstrich in eine Wüste verwandeln kann. Da mit Bibelzitaten keine Politik zu
machen ist, gehört das religiöse Gequatsche in den Bereich Propaganda. Wer
wirklich Politik betreibt durch Charaktermasken wie Bush hindurch, ist ein verselbstständigter
Mechanismus, der sich aus dem Zusammenprall der Interessen speist.
Ähnliches gilt für
Bin Laden, der sich an dem Buch eines Analphabeten orientiert und wahrscheinlich
jede philosophische Reflexion der Thesen und Geschichten Mohammeds als Gotteslästerung
abtun würde. Jemand, dessen Bewusstsein im mythologischen Denken befangen
geblieben ist, auch wenn er in einem technischen Fach qualifiziert ist, maßt
sich an, die Welt herauszufordern, die er doch gar nicht verstehen kann. In
einer Welt von gebildeten Menschen muss er zwangsläufig als Psychopath
erscheinen.
Zurück zum Anfang
Kant nennt konkret
als naturwüchsiges Mittel den Handel, was Marx später die „zivilisierende
Wirkung des Kapitals“ nennen wird, welcher bei allen Interessen (die immer
partikular sind) einen allgemeinen Frieden herbeiführen helfe. „Es ist der Handelsgeist,
der mit dem Kriege nicht zusammen bestehen kann, und der früher oder später
sich jedes Volks bemächtigt. Weil nämlich unter allen, der Staatsmacht
untergeordneten, Mächten (Mitteln) die Geldmacht wohl die zuverlässigste
sein möchte, so sehen sich Staaten (freilich wohl nicht eben durch Triebfedern
der Moralität) gedrungen, den edlen Frieden zu befördern, und, wo auch immer
in der Welt Krieg auszubrechen droht, ihn durch Vermittlungen abzuwehren, gleich
als ob sie deshalb im beständigen Bündnisse ständen“. (Kant, Frieden, S.
226) Der Tausch von äquivalenten Werten setzt die Freiheit und Gleichheit der Tauschpartner voraus, denn
zwischen Sklaven und Herrn, Leibeigenen und Grundherrn kann es keinen Äquivalententausch,
der im Kapitalismus notwendig für sein Funktionieren ist, geben. Marktfrieden
ist ebenso Voraussetzung des kapitalistischen Marktes wie ein gesicherter
Rechtszustand. Dennoch weiß auch Kant, dass derselbe „Handelsgeist“ für
die Scheußlichkeiten der Kolonisierung, die zu seiner Zeit voranschritt,
verantwortlich ist. Vergleicht man die Möglichkeit friedlicher Entwicklung und
Annäherung der Völker mit dem „inhospitale(n) Betragen der
gesitteten, vornehmlich handeltreibenden Staaten unseres Weltteils, so geht die
Ungerechtigkeit, die sie in dem Besuche fremder Länder und Völker
(welches ihnen mit dem Erobern derselben für einerlei gilt) beweisen,
bis zum Erschrecken weit. (...) In Ostindien (Hindustan) brachten sie, unter dem
Vorwande bloß beabsichtigter Handelsniederlagen, fremde Kriegsvölker hinein,
mit ihnen aber Unterdrückung der Eingeborenen, Aufwiegelung der verschiedenen
Staaten desselben zu weit ausgebreiteten Kriegen, Hungersnot, Aufruhr,
Treulosigkeit, und wie die Litanei aller Übel, die das menschliche Geschlecht
drücken, weiter lauten mag.“ (Kant. Frieden, S. 214 f.) Dieses Beispiel, dem beliebig viele für das 19. und 20. Jahrhundert
hinzugefügt werden könnten, wie z.B. die Weltkriege, ist zumindest ein
empirisches Argument gegen die Kantische Argumentation, vor allen gegen seine
These einer allmählichen Annäherung an das Ideal eines permanenten Friedens.
Im Gegenteil, mit dem Anwachsen der Produktivkräfte sind auch die Destruktivkräfte
angewachsen und die Kriege sind noch brutaler und umfangreicher geworden. Dem könnte
man empirisch entgegenhalten, dass angesichts eines möglichen Atomkrieges, der
nicht nur ein Land zum Kirchhof machen, sondern die gesamte Menschheit ausrotten
könnte, seine Argumentation aktueller denn je ist, wenn wir als Gattung überleben
wollen. Was an Kants Position unstimmig ist, kann erst eine immanente Kritik der
Prinzipien selbst erweisen. Das kantische Sittengesetz und die daraus
entwickelten Rechtsprinzipien sollen allein aus der Vernunft (a priori) begründet
sein (Autonomie des Denkens). Sie bedürfen aber prinzipiell zu ihrer
Durchsetzung die Mithilfe der Natur, einer immanenten Zweckhaftigkeit, die den
Menschen durch seine Widersprüche hindurch zu einem Rechtszustand drängt
(Heteronomie). Die Heteronomie wird zur Voraussetzung der Autonomie, die dann
keine mehr ist. Diese Koinzidenz von Naturmechanismus und Rechtsprinzip setzt
weiter voraus, dass in der Natur selbst Vernunft enthalten ist, was Kant nur
rational behaupten kann, indem er einen gütigen Gott beides gleichartig
schaffen lässt. Konsequent setzt Kant in seiner „Kritik der praktischen
Vernunft“ einen wenn auch hypothetisch anzunehmenden Gott voraus, den er
andererseits theoretisch als unbeweisbar nachgewiesen hat. Diese Widersprüche
in seiner Philosophie markieren die irrationale Stelle, die zumindest eine
Zuversicht auf einen tatsächlich einmal eintretenden ewigen Frieden zunichte
macht. (Ebenso unakzeptabel ist Hegels Walten einer Idee im Weltlauf, deren
Realisierung schließlich Resultat der gesellschaftlichen Widersprüche sein
soll. Letztlich hat sich dieser Idealismus an der profanen Variante eines
gerichteten Weltlaufs, der mit dem Sieg des Kommunismus enden sollte, wie im
Sowjetmarxismus konstruiert, blamiert.) Die
Widersprüche in Kants Konzeption des ewigen Friedens und die tatsächliche
Entwicklung der Kriege vom 19. Jahrhundert bis heute, lassen darauf schließen,
dass es noch andere Gründe für Kriege gibt, als ein fehlgeleiteter Verstand
oder die Fehlbarkeit der menschlichen Natur. Dieser blinde Fleck in seiner
Konzeption liegt im mangelnden Durchdringen der sich allerdings erst entfaltenden kapitalistischen Ökonomie seiner Zeit.
Kants wirtschaftliche
Kenntnisse beruhen auf Adam Smith’ ökonomischer Theorie. Danach sei der Markt
der harmonische Vermittler der egoistischen Interessen, dessen Resultat
letztlich die Beförderung des Allgemeinwohls sei. Abgesehen davon, dass diese
Vermittlung nur durch Krisen und Friktionen geschieht, ist sie auch
unbeherrschbar. Die Anarchie des Marktes verwohlfeilert zwar die Waren, unterhält
und befördert aber auch einen Konkurrenzkampf, der ständig zum Krieg tendiert.
„Das Kapital hat einen horror vor Abwesenheit von Profit, oder sehr kleinen
Profit, wie die Natur vor der Leere. Mit entsprechendem Profit wird das Kapital
kühn. Zehn Prozent sicher, und man kann es überall anwenden; 20 Prozent, es
wird lebhaft; 50 Prozent, positiv waghalsig; für 100 Prozent stampft es alle
menschlichen Gesetze unter seinen Fuß; 300 Prozent, und es existiert kein
Verbrechen, das es nicht riskiert, selbst auf Gefahr des Galgens. Wenn Tumult
und Streit Profit bringen, wird es sie beide encouragieren. Beweis: Schmuggel
und Sklavenhandel.“ (T.J.Dunning, zitiert nach Marx: Das Kapital I, S. 788)
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So unterschiedlich
national, ethnisch und ideologisch die Beispiele für Kriege und Kriegsgründe
in den letzten 200 Jahren sind, so haben sie doch eine tiefere Ursache
gemeinsam, die sie verbindet und von brutalen Phänomenen in der Antike oder dem
Mittelalter unterscheidet. Die moderne Ökonomie beruht auf der systematischen
Aneignung fremder Arbeitskraft. Lohnabhängige müssen, um ihr Leben fristen zu
können, ihre Arbeitskraft verkaufen. Diese wird aber nur dann angemietet, wenn
das Unternehmen sich davon einen Gewinn verspricht. Jede Ware, jedes Produkt auf
dem Markt enthält deshalb einen Mehrwert oder Profit, der in dieser Ware
inkarniert ist. Wollten die Lohnabhängigen diesen Gewinn selbst als Lohn
einstreichen, würden sie an den Eigentumsverhältnissen scheitern. Die ganze
Staatsgewalt bis hin zum Menschenrecht auf Eigentum dienen dazu, das
Privateigentum an den Produktionsmitteln zu schützen. Damit wird aber zugleich
auch ein ökonomisches Herrschaftsverhältnis geschützt, das den einen zwingt,
mehr Wert zu erarbeiten, als er durch seinen Lohn an Wert zurück bekommt, einen
Mehrwert also, den sich der Eigentümer der Produktionsmittel kostenlos
aneignet. In der Ware ist deshalb nicht nur ein Profit inkarniert, sondern
ebenso ein Herrschaftsverhältnis mit samt seinem Gewaltpotenzial, das es schützt.
Der Profit realisiert sich in seiner Geldform erst beim Verkauf der Ware. Verkäuflich
ist die Ware nur, wenn sie mit einer genügend großen Produktivität
hergestellt wurde. Das zwingt das industrielle Kapital permanent seinen Profit
zu reinvestieren und die Produktion auszuweiten. Es werden immer mehr Märkte
erschlossen und immer mehr Rohstoffe benötigt. Die kapitalistische
Warenproduktion muss über die Landesgrenzen expandieren. Sie schafft sich seit
dem 16 Jahrhundert einen Weltmarkt und hat heute fast jeden Winkel der Erde mit
ihrer Art der Ökonomie durchdrungen. D.h., sie hat ihr Gewaltverhältnis auf
den gesamten Globus etabliert. Wie das z.B. im 18./19. Jahrhundert bei der
Kolonisierung der entdeckten Länder geschah, hatte schon Kant kritisiert (siehe
oben).
Die Entkolonisierung hat
politisch unabhängige Staaten geschaffen, deren Bevölkerung aus der
Subsistenzwirtschaft herausgerissen ist und weitgehend für den (Welt-)Markt
produziert. Das Geschäft mit diesen Ländern ist effektiver als kostspielig zu
unterhaltende Kolonien. Verkürzt ausgedrückt, kann man Kolonien nur Konsumgüter
wie Kochtöpfe oder ähnliches verkaufen, während man unabhängigen Ländern,
die sich industrialisieren, Werkzeugmaschinen verkaufen kann, deren Handel einen
höheren Gewinn abwirft. Über den Handel zwischen hochindustrialisierten
Metropolen und unproduktiveren Regionen (die z.B. nur Rohstoffe verkaufen können)
findet dann ein Abfluss von Werten in die kapitalistischen Zentren statt, der es
durchaus gestattet, von Neokolonialismus zu sprechen. Gegen diese Ausbeutung,
die sich allein den Gesetzen der kapitalistischen Produktionsweise verdankt,
also ohne außerökonomischen Zwang funktioniert (vgl. Gaßmann, Ökonomie, S.
67 - 70), regt sich in der 3. Welt Widerstand, der dann wieder die westliche
Militärmaschine in Gang setzt, um diese unbotmäßigen Länder oder nur
kleinere Widerstandsgruppen zu disziplinieren.
Die Warenproduktion
im Kapitalismus ist national organisiert. Außenpolitik ist dann in dieser
Wirtschaftsweise immer die Sicherung der Geschäftsbedingungen nach außen, wo
ein nationales Kapital mit den anderen in Konkurrenz tritt. Die kriegerischen
Rivalitäten der Nationen um die ökonomische Vorherrschaft auf der Welt haben
im 20. Jahrhundert die beiden Weltkriege mit ihren massenhaften Abschlachten von
Menschen hervorgebracht. (Dass dabei die Politik des deutschen Kapitals mit
besonderer Aggressivität hervortrat, ist bekannt.) Durch die permanente
Entwicklung der Produktivkräfte entsteht eine ungeheure technische Fähigkeit,
welche die Mühen der Menschheit ein für alle Mal beseitigen könnte. Doch
durch das herrschende Gewaltverhältnis schlagen diese Produktivkräfte ständig
in Destruktivkräfte um, was sich heute in Begriffen wie High-Tech-Krieg oder
Atomkrieg festmacht.
Terrorismus in
unserer Epoche ist selbst Teil der Gewaltförmigkeit der kapitalistischen
Gesellschaft. Was immer für idiotische Vorstellungen der einzelne Terrorist mit
seinen Taten verbindet, es läuft letztlich immer auf ökonomische, das heißt
kapitalistische Sondervorteile hinaus, und sei es nur die ökonomischen
Interessen der Gegenseite zu beschränken. Als nationaler oder regionaler
Terrorismus ist er Teil des kapitalistischen Konkurrenzkampfes, der immer auch
mit nicht-ökonomischen Mitteln ausgetragen wurde. Das amerikanische
Bombardement von Städten, das beschönigend als Präzisionsschlag verklärt
wird, ist ebenso Terror wie islamistische Bomben auf Vorortzüge. Der
US-Imperialismus maßt sich an, mit seiner überlegenen Militärmacht, die ganze
Erde zu kontrollieren, während kleinere Länder oder Gruppen größenwahnsinnig
die US-Amerikaner nacheifern wollen. Bei deutschen Vertretern von Islamisten hört
sich der islamische Imperialismus so an: „Im Namen Allahs des Allerbarmers des
Barmherzigen. Das islamische Kalifat ist der Schutz für die Länder der
Muslime. Seine Errichtung ist Pflicht. Und die Inaktivität dabei eine Sünde.
Das Kalifat ist eine kollektive Führung für alle Muslime auf dieser Erde, um
die islamischen Gesetze zu implementieren und die islamische Botschaft in alle
Welt weiterzutragen. Es ist eine politische Struktur, die Muslime und ihre Länder
vereint. (...) Das Kalifat ist auch jener Staat, der den Dschihad vollzieht, den
Allah den Muslimen auferlegt hat, um die islamische Botschaft in alle Welt
weiterzutragen, die Länder der Muslime zu schützen und ihr Leben, ihre Angehörigen,
ihr Eigentum und das ihrer Schutzbefohlenen zu verteidigen.“ (Zitiert nach
Ulfkotte, Krieg in unseren Städten, S. 171) Und wäre es nicht lächerlich,
dann könnte man sinngemäß den letzten deutschen Kaiser zitieren: Togo wird
ein deutsches Land, bei den Islamisten heißt es: „Deutschland wird ein
islamisches Land.“ (A.a.O., S. 173) Der
Gehalt der religiösen Phrasen besteht letztlich in ökonomischer
Herrschaftsausweitung, was immer auch die religiösen Fanatiker sich einbilden.
Zurück zum Anfang
Die Gewaltförmigkeit
der gesellschaftlichen Verhältnisse muss auch geistig abgesichert werden, sie
darf nicht ins Massenbewusstsein dringen. Die Menschen fragen nach Gründen. Da
die Massenmedien selbst einen Teil der kapitalistischen Produktionsweise
darstellen, sind die herrschenden Ideen die Ideen der herrschenden Klasse. Wenn
ca. 2-10% der Bevölkerung in den industriellen Metropolen von ihrem Kapital
oder von unternehmerischer Tätigkeit leben, dann muss ihre Herrschaft als
kostenlose Aneignung fremder Arbeit, nämlich über die 90 % Lohnabhängigen,
vernebelt werden. Diese Funktion haben die Ideologien, die als dominierendes
Bewusstsein die Köpfe der Massen beherrschen. Ideologie ist falsches
Bewusstsein zur Herrschaftssicherung. Als Bewusstsein enthält es wahre
Momente, damit es geglaubt wird, ist also nicht nackte Lüge. Falsch ist dieses
Bewusstsein, weil die in ihm ausgesprochenen Fakten falsch gedeutet werden. Und
es dient zur Herrschaftssicherung, d.h. heute u.a. zur Rechtfertigung
imperialistischer Eingriffe in fremde Länder. Typisch dafür ist die Freudsche
These von der Aggressivität des Menschen. Damit ist nicht gemeint, dass jemand
gelegentlich aggressiv sein kann oder dass bestimmte Menschen besonders
aggressiv sind, sondern in dem Menschen wäre eine Aggressionsneigung vorhanden,
die sich zwangsläufig äußern müsse. Wahr an dieser Meinung ist die Tatsache,
dass es Aggression gibt. Aber kein moderner nationaler Krieg wird aus
psychischer Aggression heraus angefangen oder geführt. Fragt man nach den Gefühlen
von Soldaten im Krieg, dann herrscht die Angst vor. Falsch an der
Aggressionsthese ist die Deutung der Aggressionsneigung als anthropologische
Konstante. Symptome der kapitalistischen Gesellschaft werden umgedeutet zur
Triebstruktur der menschlichen Spezies. (Vgl. Plack: Aggressionstrieb, S. 204
f.) Diese falsche Deutung hat
einzig den Zweck, den kapitalistischen Konkurrenzkampf als natürlichen, als in
der Triebstruktur des Menschen angelegt zu rechtfertigen. Jeder, der auf
gesellschaftliche erlaubte Weise konkurriert, kann für sich in Anspruch nehmen,
nur seinen natürlichen Regungen zu folgen. Selbst Kriege, wenn sie in der
Gesellschaft gerechtfertigt erscheinen, sind dann Ausdruck der Natur des
Menschen. Sogar „der Terror“, den man als Feindbild braucht, um den eigenen
Terror zu legitimieren, bekommt das Etikett „von Natur“. So kann man die
historischen und gesellschaftlichen Ursachen ausblenden oder abstreiten und den
Terror ontologisieren, indem man das „Böse“, die Aggression, den Konflikt
usw. zur anthropologischen Konstante des Menschseins überhöht. Zum Beispiel
erklärt der bekannte „Terrorexperte“ Walter Laqueur: „Im Kampf gegen den
Terrorismus wird es keinen entscheidenden Sieg geben, höchstens Perioden, in
denen es zu weniger Gewalttaten kommt. Terrorismus wird es geben, solange es
Konflikte gibt, und eine Welt ohne Konflikte scheint leider unvorstellbar.“ (Laqueur,
Krieg im Westen, S. V) (Etwas Ähnliches
hat vor kurzem auch der US-amerikanische Präsident und „Fundamentatlist“ G.
Busch von sich gegeben.) Wird man in einer Welt sozialisiert, in der
Irrationalitäten wie Religion, Ideologien und Bewusstseinsindustrie mit ihrem
massenhaften Entertainment zu einem Verblendungszusammenhang zusammen schießen,
dann ist es praktisch unmöglich, ohne ein gründliches Studium der Philosophie
und gute Kenntnisse der Ökonomie und Gesellschaftstheorie sich auf den
avancierten Stand der Vernunft hinaufzuarbeiten, um diesen
Verblendungszusammenhang durchschauen zu können.
Das Christentum war
seit Konstantin dem Großen mit der Herrschaft (politisch und ökonomisch)
verbunden und diente ihr. Im Mittelalter war es selbst eine Feudalmacht. Obwohl
es eine Epoche lang das avancierte Bewusstsein seiner Zeit war, hatte es immer
ein ideologisches Moment. So war vom Mittelalter bis zur Französischen
Revolution die Drei-Stände-Lehre wesentlich christlich geprägte Ideologie,
also zur Absicherung der feudalen Ständeordnung erdacht, nach der die
Arbeitenden ihr Heil in der Arbeit, die Betenden im Gottesdienst und der Adel
als Peitsche Gottes im Genuss und in der Gewalt, die er zu gebrauchen hatten,
sein Heil suchen sollten. Im fürstlichen Despotismus („Absolutismus“) wurde
das Christentum direkt der Herrschaft unterstellt, die neu gegründeten
Volksschulen hatten Religion als Hauptfach mit etwa der Hälfte der
Unterrichtszeit. Erst durch die Trennung von Staat und Kirche im Laufe des 19.
Jahrhunderts lockerte sich die Beziehung zur Macht, völlig verschwunden ist sie
bis heute nicht. Wenn die Herrschaftsverhältnisse in Gefahr sind, dann mutiert
z.B. die Katholische Kirche zum Scharfmacher. Nicht nur dass die Deutschen vom
Papst aufgefordert wurden, Hitler als legale Obrigkeit anzuerkennen, andernfalls
sie sündigen würden, auf die Ankündigung des Überfalls auf die Sowjetunion,
so berichtet ein Obergruppenführer Schellenberg, soll er geäußert haben:
„Der Papst wird sein möglichstes tun, um einen deutschen Sieg zu sichern.
Sein Ziel ist die Zerstörung Rußlands.“ (Zitiert nach Deschner: Opus
Diaboli, S. 167) Wolfgang Beinert,
der das Christentum den Nichtchristen näher bringen will, schreibt:
„Christentum hat Millionen Menschen das Leben gekostet, direkt wie in den
Hexen- und Ketzerverfolgungen, indirekt durch fehlenden Mut der Kirchenführer
(nach dem obigen Zitat eine der üblichen Verdrehungen und Beschönigungen,
d.Verf.), besonders im hinter uns liegenden Jahrhundert. Aber das ist nicht alles, was über das Christentum zu sagen ist. Es ist
in weiten Teilen eine Kriminalgeschichte, und manche seiner Akteure waren
Kriminelle; das ist wohl wahr. Wahr ist aber auch, dass es Hunderten von
Millionen Menschen innerhalb wie außerhalb der institutionellen Grenzen
Lebensmut, Lebenstrost, Lebenshilfe gespendet hat – bis hin zur
Extremsituation des Todes.“ (Beinert,
Christentum, S. 174) In der
Gegenwart schein das Christentum gezähmt. Es kann keine Kriege mehr führen,
keine Ketzer mehr verbrennen, keine Menschen foltern oder in Acht und Bann
legen. Ihr schärfstes Mittel ist der Ausschuss eines abweichenden Mitglieds.
Dennoch ist das Christentum in das Gewaltverhältnis der kapitalistischen
Gesellschaft involviert. Nicht nur in der oberflächlichen Form, dass
verfeindete Soldaten gleichermaßen jeweils „Mit Gott“ (wie mein Großvater)
auf den Koppelschlössern trugen, sondern das Ideologische betrifft den Kern des
Christentums: Genau in dem, was Beinert positiv hervorhebt, liegt das
ideologische Moment des Christentums heute. Sinn des Lebens, Lebensmut,
Lebenstrost, Lebenshilfe auf irrationaler Grundlage verhindert gerade eine Veränderung
der Gesellschaft, so dass Trost nicht mehr nötig wäre. Die christliche
Ideologie richtet die Menschen im Bestehenden ein, um zu verhindern, dass sie
einen Zustand schaffen, der ihrer irrationalen Verblendung nicht mehr bedarf. Es
ist notwendig, die schönen Sumpfblumen zu erkennen, um nicht im Sumpf zu
ersticken. Über diese falschen Blumen schreibt Marx: „Die Aufhebung der
Religion als des illusorischen Glücks des Volkes ist die Forderung seines
wirklichen Glücks. Die Forderung, die Illusion über seinen Zustand aufzugeben,
ist die Forderung, einen Zustand aufzugeben, der der Illusion bedarf. (...) Die
Kritik hat die imaginären Blumen an der Kette zerpflückt, nicht damit der
Mensch die phantasielose, trostlose Kette trage, sondern damit er die Kette
abwerfe und die lebendige Blume breche. Die Kritik der Religion enttäuscht den
Menschen, damit er denke, handle, seine Wirklichkeit gestalte wie ein enttäuschter,
zu Verstand gekommener Mensch“. (Marx, Einleitung, S. 379) Diese grundsätzliche Kritik an der ideologischen Funktion des
Christentums kann regelmäßig in der Zeitung ergänzt werden durch Äußerungen
von Kirchenfürsten, die die jeweilige aktuelle Ideologie des Kapitals konkret
mit christlichem Segen verbreiten. Albrecht Müller z.B. schreibt über den
Zusammenhang zwischen den katholischen Bischöfen und der heute vorherrschenden
neoliberalen Ideologie: „Die deutschen Bischöfe setzten sich ‚für eine
langfristig angelegte Reformpolitik’ ein und wollten ‚das Soziale neu
denken’. ‚Keine der großen Säulen des Sozialstaats ist ohne tiefgreifende
strukturelle Korrekturen zukunftsfähig’, meinten sie, doch was sie konkret
wollen, sagten sie nicht. Klar ist: Sie wollen Bewegung; auch die Arbeitgeber
wollen Bewegung und drücken aufs Tempo.“ (Müller, Reformlüge, S. 21) Im ökonomischen Klartext heißen die neoliberalen Forderungen der Bischöfe:
Sozialabbau und dadurch eine Erhöhung der Ausbeutungsrate, eine Ausweitung der
Kluft zwischen Arm und Reich (vgl. unsere Rezension von Müllers
Buch).
Zurück zum Anfang
Das Christentum war seit Konstantin dem Großen mit
der Herrschaft (politisch und ökonomisch) verbunden und diente ihr. Im
Mittelalter war es selbst eine Feudalmacht. Obwohl es eine Epoche lang das
avancierte Bewusstsein seiner Zeit war, hatte es immer ein ideologisches Moment.
So war vom Mittelalter bis zur Französischen Revolution die Drei-Stände-Lehre
wesentlich christlich geprägte Ideologie, also zur Absicherung der feudalen Ständeordnung
erdacht, nach der die Arbeitenden ihr Heil in der Arbeit, die Betenden im
Gottesdienst und der Adel als Peitsche Gottes im Genuss und in der Gewalt, die
er zu gebrauchen hatten, sein Heil suchen sollten. Im fürstlichen Despotismus
(„Absolutismus“) wurde das Christentum direkt der Herrschaft unterstellt,
die neu gegründeten Volksschulen hatten Religion als Hauptfach mit etwa der Hälfte
der Unterrichtszeit. Erst durch die Trennung von Staat und Kirche im Laufe des
19. Jahrhunderts lockerte sich die Beziehung zur Macht, völlig verschwunden ist
sie bis heute nicht. Wenn die Herrschaftsverhältnisse in Gefahr sind, dann
mutiert z.B. die Katholische Kirche zum Scharfmacher. Nicht nur dass die
Deutschen vom Papst aufgefordert wurden, Hitler als legale Obrigkeit
anzuerkennen, andernfalls sie sündigen würden, auf die Ankündigung des Überfalls
auf die Sowjetunion, so berichtet ein Obergruppenführer Schellenberg, soll er
geäußert haben: „Der Papst wird sein möglichstes tun, um einen deutschen
Sieg zu sichern. Sein Ziel ist die Zerstörung Rußlands.“ (Zitiert nach
Deschner: Opus Diaboli, S. 167) Wolfgang
Beinert, der das Christentum den Nichtchristen näher bringen will, schreibt:
„Christentum hat Millionen Menschen das Leben gekostet, direkt wie in den
Hexen- und Ketzerverfolgungen, indirekt durch fehlenden Mut der Kirchenführer
(nach dem obigen Zitat eine der üblichen Verdrehungen und Beschönigungen,
d.Verf.), besonders im hinter uns liegenden Jahrhundert. Aber das ist nicht alles, was über das Christentum zu sagen ist. Es ist
in weiten Teilen eine Kriminalgeschichte, und manche seiner Akteure waren
Kriminelle; das ist wohl wahr. Wahr ist aber auch, dass es Hunderten von
Millionen Menschen innerhalb wie außerhalb der institutionellen Grenzen
Lebensmut, Lebenstrost, Lebenshilfe gespendet hat – bis hin zur
Extremsituation des Todes.“ (Beinert,
Christentum, S. 174) In der
Gegenwart schein das Christentum gezähmt. Es kann keine Kriege mehr führen,
keine Ketzer mehr verbrennen, keine Menschen foltern oder in Acht und Bann
legen. Ihr schärfstes Mittel ist der Ausschuss eines abweichenden Mitglieds.
Dennoch ist das Christentum in das Gewaltverhältnis der kapitalistischen
Gesellschaft involviert. Nicht nur in der oberflächlichen Form, dass
verfeindete Soldaten gleichermaßen jeweils „Mit Gott“ (wie mein Großvater)
auf den Koppelschlössern trugen, sondern das Ideologische betrifft den Kern des
Christentums: Genau in dem, was Beinert positiv hervorhebt, liegt das
ideologische Moment des Christentums heute. Sinn des Lebens, Lebensmut,
Lebenstrost, Lebenshilfe auf irrationaler Grundlage verhindert gerade eine Veränderung
der Gesellschaft, so dass Trost nicht mehr nötig wäre. Die christliche
Ideologie richtet die Menschen im Bestehenden ein, um zu verhindern, dass sie
einen Zustand schaffen, der ihrer irrationalen Verblendung nicht mehr bedarf. Es
ist notwendig, die schönen Sumpfblumen zu erkennen, um nicht im Sumpf zu
ersticken. Über diese falschen Blumen schreibt Marx: „Die Aufhebung der
Religion als des illusorischen Glücks des Volkes ist die Forderung seines
wirklichen Glücks. Die Forderung, die Illusion über seinen Zustand aufzugeben,
ist die Forderung, einen Zustand aufzugeben, der der Illusion bedarf. (...) Die
Kritik hat die imaginären Blumen an der Kette zerpflückt, nicht damit der
Mensch die phantasielose, trostlose Kette trage, sondern damit er die Kette
abwerfe und die lebendige Blume breche. Die Kritik der Religion enttäuscht den
Menschen, damit er denke, handle, seine Wirklichkeit gestalte wie ein enttäuschter,
zu Verstand gekommener Mensch“. (Marx, Einleitung, S. 379) Diese grundsätzliche Kritik an der ideologischen Funktion des
Christentums kann regelmäßig in der Zeitung ergänzt werden durch Äußerungen
von Kirchenfürsten, die die jeweilige aktuelle Ideologie des Kapitals konkret
mit christlichem Segen verbreiten. Albrecht Müller z.B. schreibt über den
Zusammenhang zwischen den katholischen Bischöfen und der heute vorherrschenden
neoliberalen Ideologie: „Die deutschen Bischöfe setzten sich ‚für eine
langfristig angelegte Reformpolitik’ ein und wollten ‚das Soziale neu
denken’. ‚Keine der großen Säulen des Sozialstaats ist ohne tiefgreifende
strukturelle Korrekturen zukunftsfähig’, meinten sie, doch was sie konkret
wollen, sagten sie nicht. Klar ist: Sie wollen Bewegung; auch die Arbeitgeber
wollen Bewegung und drücken aufs Tempo.“ (Müller, Reformlüge, S. 21) Im ökonomischen Klartext heißen die neoliberalen Forderungen der Bischöfe:
Sozialabbau und dadurch eine Erhöhung der Ausbeutungsrate, eine Ausweitung der
Kluft zwischen Arm und Reich (vgl. unsere Rezension von Müllers Buch in: Rezension
2).
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Im Gegensatz zum
Christentum, das ursprünglich eine Untergrundreligion war, ist der Islam von
vornherein ein Aspekt von Herrschaft, von einem Herrscher (Mohammed) erfunden
zur geistigen Vereinheitlichung und Bindung seiner Untertanen. „Islam“, der
Name dieser Religion, heißt „Ergebung“, und zwar in Gottes Willen, aber
dieser ist immer der Wille der Religionsstifter bzw. seiner Nachfolger, die
zugleich Politiker sind. „Muslime“, die Angehörigen dieser Religion, heißen:
„jene, die sich hingeben“ (Russo, Islam, S. 17). Der Iman, Sultan oder Kalif
(Führer/König) ist nach islamischer Auffassung der Vollstrecker von Allahs
Willen und somit etwa so unfehlbar wie der Papst bei der Verkündigung der
rechten Lehrmeinung. Der Iman usw. ist sowohl religiöser wie politischer Führer,
monarchisch und unkontrollierbar. Es gilt nach einem sunnitischen Sprichwort:
„Der Sultan ist der Schatten Allahs auf Erden“ (zitiert nach Tibi, Iman, S.
167). Im Koran wird der jeweilige Machthaber gerechtfertigt: „Gehorcht Allah,
dem Propheten und denen unter Euch, die zu befehlen haben“ (Sure 4/59, zitiert
nach Tibi, Iman, S. 370). Zwar gilt der Iman bloß als Vollstrecker von Allahs
Willen, aber da er keiner menschlichen Kontrolle unterworfen ist, gilt nach dem
Propheten (Mohammed) : „Wenn ihr von euren Herrschern etwas seht, was ihr
verabscheut, dann sollt ihr ihr Tun verabscheuen, aber kündigt den Gehorsam
nicht auf.“ (A.a.O., S. 371) Entsprechend
dieser Tradition sind alle Länder des arabischen Raumes bis heute mit Monarchen
(oder „Präsidenten“) ausgestattet, die zugleich Religionsführer sind. Auf
die Frage, ob nicht demokratische Institutionen besser wären als die Monarchie,
antwortete der als fortschrittlich geltende Hassan II. von Marokko: „Der Islam
verbietet mir, eine konstitutionelle Monarchie nach westeuropäischen Muster
einzuführen. Ich kann einige Kompetenzen anderen übertragen, aber ich habe
nicht das Recht, aus eigenem Antrieb meine Vorrechte aufzugeben. Ein islamischer
Monarch kann seine Macht nicht delegieren.“ (A.a.O., S. 306) Da diese Macht angeblich von Allah komme, könne er sie nicht aufgeben,
ohne das religiöse Bewusstsein seines Volkes zu verletzen und damit die
Herrschaft, man muss hinzufügen: seiner Feudalklasse, überhaut zu gefährden. Der gar nicht geheime Witz dieser Argumentation
liegt darin, dass sein Volk religiös verblödet ist und dass der König das
nicht ändern will, um seine politische und ökonomische Herrschaft nicht zu
verlieren. Die Vormünder perpetuieren ihre Vormundschaft, Aufklärung wird
durch Zensur und Tabus verhindert. (Es ist heute in der arabischen Welt eher möglich
Sexualtabus zu durchbrechen als religiöse oder politische.)
Diese religiöse
Absicherung der Monarchie funktionierte, solange die Herrschenden homogene
Interessen hatten etwa als Großgrundbesitzer oder als Händler oder räuberische
Kriegshaufen. Die schnelle Ausbreitung des Islam über Nordafrika, Spanien und
weit in den Nahen Osten hinein, die mehr kriegerischen Eroberungsinteressen zu
verdanken ist als religiöser Mission, hat zu regionalen Interessenschwerpunkten
geführt, die durch ein Kalifat, das die gesamte Umma (Gemeinschaft aller
Muslime) umfasste, nicht mehr zu beherrschen war. Da Vernunft als Religion im
„Stande der Natur“ befangen ist, Mohammed selbst hat nach seiner Verkündigung
jede weitere Prophetie oder Änderung der Theologie verboten, hatte der Islam
kein Mittel diese Interessendivergenz zu überbrücken. Der Djihad, der ursprünglich
ein Krieg gegen die Ungläubigen war, wurde als Fitna zum innerislamischen Bürgerkrieg,
der bis heute anhält, wie letzte Meldungen aus Pakistan (vom Iran ganz zu
schweigen) zeigen. Im Spiegel-Vorspann vom 7.10.04 zu dem Artikel „Pakistan
am Rande eines Glaubenskrieges“ heißt es: „Seit Monaten wird
Pakistan von einer Serie blutiger Bombenattentate erschüttert. Hunderte
Menschen starben, allein heute wurden mindestens 39 Menschen bei einem Anschlag
getötet. Anhänger der beiden islamischen Glaubensrichtungen Schiismus und
Sunna bekämpfen sich mit immer größerer Brutalität.“ (www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,321977,00.html)
Bricht
dann noch die Moderne in Form von Kolonialkrieg, Nationalstaat, fremde
Kapitalanlagen und Rohstoffausbeute, Warenhandel und militärische Gewalt in
diese Länder ein, so haben die religionsbestimmten Eliten und ihre Bevölkerung
keine geistigen Mittel, diese Probleme rational zu durchdringen, zumal so etwas
wie Aufklärung vor tausend Jahren abgebrochen wurde und heute philosophisch
geschulte Menschen eher im Gefängnis landen, als dass sie sich öffentlich zu
den Problemen des Landes äußern könnten. Die Reaktionen auf diese neuen
Bedingungen ist daher ideologisch konsequent rückwärts gewandt hin zu einem
vermeintlich besseren Zustand – es entsteht ein islamischer Faschismus, der fälschlich
Fundamentalismus genannt wird.
Zurück zum Anfang
"Fundamentalismus"
Christlicher
Nihilismus und islamischer Faschismus
Die öffentliche
Sprache in den westlichen Ländern ist mit Begriffen besetzt, die das Denken der
Leser von vornherein präformieren. Man bezeichnet christliche Reaktionäre oder
die „bibeltreuen Christen“ als „Fundamentalisten“, um den
vorherrschenden Skeptizismus opportunistischer Meinungsmacher zu sanktionieren.
Jede Theorie muss, wenn sie wahr sein soll, Grundsätze und ein fundamentum
in re haben. Wenn die naturwissenschaftliche Atomtheorie als in sich
stimmige Theorie, mit der man sowohl Atomreaktoren wie Atombomben bauen kann,
nicht etwas in der Sache selbst treffen würde, dann funktionierten diese
Reaktoren und Bomben nicht. Die vorherrschenden ökonomischen und sozialen
Theorien dagegen verweisen mit Stolz darauf, nur Modelle zu sein, kein Fundament
in der Sache zu haben. Entsprechend kann der durchschnittliche Intellektuelle
die Grundsätze und die Theorien wechseln wie das Hemd, je nach dem, welche
gerade in sind, welche gerade seinen Marktwert steigert. Jeder, der nicht diese
Moden mitmacht und sich auf Grundsätze beruft, gilt dann als Fundamentalist.
Das Entscheidende bei Theorien ist aber, ob sie wahr sind oder falsch, nicht ob
sie populär sind oder nicht , nicht ob sie polizeiwidrig sind oder nicht.
Entsprechend wird im platten Skeptizismus des durchschnittlichen Intellektuellen
der Begriff Wahrheit geleugnet, diese Leugnung aber als dogmatische Wahrheit
behauptet und der Kritiker als Dogmatiker, Objektivist oder Fundamentalist
beschimpft. Nach wie vor gilt aber, dass sich jede Theorie, jedes Gedankengebäude,
jedes politische Handeln vor dem „Richterstuhl der Vernunft“ zu verantworten
hat. Es wird sich im Folgenden zeigen, dass wahr an Ideologien neben einigen
Fakten, die sie thematisieren, allein ihre vernichtende Kritik ist.
Der sogenannte
Fundamentalismus ist in den USA entstanden. „Fundamentals heißt
‚Grundsätze’. ‚Fundamentalist’ war zunächst kein Schimpfname für
verbohrte Fanatiker, sondern ehrenvolle Selbstbezeichnung: Wir sind Leute, die
noch Grundsätze haben, keine charakterlosen Gesellen, wie sie die moderne
Lebensweise massenhaft produziert. Spiel, Tanz, Prostitution und Berufstätigkeit
der Frau wurden als Wahrzeichen der neuen Haltlosigkeit wahrgenommen: als
Zersetzung der Familie, der Keimzelle der basisgemeindlichen Gesellschaft. Das
Milieu, das sich um The Fundamentals formierte, war ein protestantisches
Protestmilieu. Es ging ihm um den Erhalt einer jahrhundertelang bewährten civil
society. Und die war eben ohne vitalen Biblizismus nicht zu denken. Deshalb
wurde unter den modernen Theorien, die mit jeder neuen Einwanderungswelle aus
Europa herüberkamen, eine besonders einschneidend: die Lehre Darwins.“ (Türcke,
Fundamentalismus, S. 17 f.) Die
Nachfolge dieser „Fundamentalisten“, die das moderne Denken und die
Errungenschaften der Aufklärung bekämpften, versuchen noch heute die
Darwinsche Theorie aus den Schulen herauszuhalten, schrecken vor Mord an Ärzten,
die Abtreibungen vornehmen, nicht zurück und sind verlässliche Wähler des Präsidenten
Bush, der sie mit Plattheiten umschmeichelt (siehe oben). Geistige Positionen,
die durch Argumente widerlegt sind, dadurch zu bewahren, dass man sie
dogmatisiert oder als heilig erklärt, offenbart eine Auffassung, der gar nichts
mehr heilig (unantastbar) ist, die überhaupt nichts erkennen will, die das
unmittelbare Interesse über alles stellt (und sei es das Interesse an einem
geistigen Halt, der gerade dadurch verloren geht). Die Folge ist die Verneinung
der Grundsätze, die doch verbal verteidigt werden. Diesen Zusammenhang zwischen
„Fundamentalismus“ und Nihilismus macht Türcke auch am Beispiel der
katholischen Kirche deutlich. „Das Erste Vatikanische Konzil beschloss 1870
das Dogma, dass der Papst unfehlbar sei, wenn er ex cathedra spreche,
also Lehrsätze verkünde. Was sich in diesem Dogma ausspricht, ist freilich
nicht naiver, übertriebener Glaube, wie viele Zeitgenossen meinten, sondern der
Sieg des Nihilismus im Christentum. Hier wird den traditionellen Dogmen wie dem
über die Wesensgleichheit des Sohnes, die volle Göttlichkeit des heiligen
Geistes, die Jungfrauengeburt oder die Erbsünde nicht einfach ein weiteres
hinzugefügt, sondern ein Dogma über alle bisherigen Dogmen erlassen, rückwirkend
gesagt: Dies alles ist unfehlbar. Eine Religion (...) hat Unfehlbarkeit nötig,
weil sie spürt, wie fehl sie geht. Sie traut ihren eigenen Lehrsätzen nicht über
den Weg. Sie stützt sich auf ein Fundament, von dem sie weiß, dass es nicht hält,
und verbohrt sich nur um so tiefer in es. Erst wo das geschieht, ist der
Tatbestand des Fundamentalismus erfüllt.“ (A.a.O.,
S. 52)
Ein Teil der Menschen in den
ökonomisch unterentwickelten Ländern, die durch das Kolonialzeitalter, den
gegenwärtigen Welthandel und die Omnipräsenz der Bewusstseinsindustrie des
Westens in eine Krise ihres Selbstverständnisses, ihrer tausendjährigen Kultur
und Sitte geraten sind, suchen verstärkt Halt in dem geistigen Bereich, der
schon immer ihr Bewusstsein bestimmt hat, der Religion. Dies trifft selbst auf
die zu, die einkommensmäßig von der Globalisierung des Kapitals profitieren.
Kapitalismus bedeutet immer auch permanente Kulturrevolution. Trifft diese
Mentalität mit traditionsgebundenen Gesellschaften zusammen, dann entsteht eine
Krise des Bewusstseins. Kommt noch eine Verelendung durch das nicht
beherrschbare kapitalistische Wirtschaftssystem hinzu – und die Verelendung
der 3. Welt ist ein permanenter Zustand -, vor allem angesichts der
„ungeheuren Warenansammlung“ (Marx), die auch den Menschen in den
Entwicklungsländern vor Augen steht, dann bildet sich eine explosive Mischung
von verdrehtem Bewusstsein und berechtigtem Protest.
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Der Islamismus ist
nun speziell gekennzeichnet durch:
- die Politisierung von Religion,
wobei die „religiöse Ideologie zum Vehikel für die Artikulation von
sozio-politischen, ökonomischen und kulturellen Forderungen wird“ (Tibi, Iman,
S. 334).
- den rückwärtsgewandten Bezug auf
die bestehende Religion, wobei zugleich diese Religion an die neuen
ideologischen Bedürfnisse anpasst wird. So wird z.B. der Begriff des Djihad als
6. Säule des Islam bezeichnet, damit aber im Grunde eine ungeheure Ketzerei
begangen, die bloß deshalb keinen größeren Anstoß erregt, weil es keinen
Papst im Islam gibt, der die Reinheit der Lehre überwacht.
- einen Zwiespalt in Bezug auf die
Moderne. „Grundsätzlich ist der religiöse Fundamentalismus von der Moderne
gleichermaßen beeinflußt, wie er gegen sie gerichtet ist.“ (Tibi, Iman, S.
334) Der Islamismus kämpft gegen Säkularisierung,
bürgerliche Liberalität, Toleranz im geistigen Bereich und gegen ein
Wirtschaftssystem, das für große Massen Verelendung bedeutet. Zugleich aber
zerstört er durch willkürliche Umdeutungen die Basis der Religion und nutzt
die bürgerliche Liberalität, um seine grausige Propaganda der Tat zu
inszenieren (gibt es etwas Effektvolleres, als das Fernsehpublikum der Welt am
Tod von 3000 Menschen und den Einsturz eines Symbols des Kapitalismus teilnehmen
zu lassen?). Auch verhindert sein verqueres Bewusstsein, dort wo es
massenwirksam wird, dass eine vernünftige Entwicklung in Gang kommt, um das
Elend zu beheben.
- ein krasses Freund-Feind-Schema.
Die „Wir-Gruppe“ der „Gotteskrieger“
sind die Gläubigen, die Feinde, das sind die Ungläubigen, ihnen wird ein Recht
zu leben abgesprochen, so dass ihre Tötung ein Verdienst ist, egal ob sie
Schuld auf sich geladen haben oder nicht. Wie jedes Feindbild soll auch dieses
die Gruppe zusammenschweißen. Doch da das religiöse Bewusstsein irrational ist
bis hin zu Wahnvorstellungen, treten auch innerhalb der „Gläubigen“ Kämpfe
auf.
- den Bezug zur ethnischen Gruppe.
Die „Wir-Gruppe“ geht wegen der Zersplitterung oft mit Ethnizität einher.
„Das bedeutet, daß Fundamentalisten dem äußeren Feind gegenüber (in der
Regel der Westen) einig, unter sich aber ethnisch zersplittert sind. Mit anderen
Worten: die Ungläubigen befinden sich auch in den eigenen Reihen, das sind die
Andersdenkenden.“ (Tibi,
Iman, S. 335)
- eine Verherrlichung der Gewalt und
des Krieges um des Krieges willen. Der Djihad ist Pflicht, ein Menschenleben zählt
nicht viel.
- das Vorherrschen des Kollektivs
vor dem Einzelnen. Dazu gehört eine autoritäre, nicht hinterfragbare Führung.
- eine Macht, die alle
Lebensbereiche einbezieht. Da, wo der Islamismus an die Macht kommt, versucht er
alle Lebensbereiche der Menschen zu kontrollieren und zu beherrschen. Als
Theokratie diskriminiert er die Frauen und verlangt den Glauben an den Gott, den
auszulegen allein den religiösen Führern zukommt. Abweichler werden mit Terror
diszipliniert.
Alle diese Merkmale des
Islamismus sind typisch für faschistische Bewegungen – mit veränderten
Inhalten selbstverständlich –, auch wenn das religiöse Moment im europäischen
Faschismus eine weniger dominante Rolle spielte.
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Bestimmt man
Faschismus als terroristische Lösung kapitalistischer Krisen, dann haben der
europäische Faschismus von 1920 bis 1945 und die islamischen
„Fundamentalisten“ und Terroristen durchaus vergleichbare Wesenszüge. Beide
reagieren auf ökonomische Modernisierungsprozesse, die viele Menschen, vor
allem wenn sie in alten Traditionen verhaftet sind, als soziale Katastrophen
erleben. Materiell verelendet oder in ihrer traditionelle Identität, die
Resultat ihrer autoritären Erziehung ist, verunsichert, können sie nur
existieren, indem sie sich an stigmatisierten Feindbildern aufrichten. Eine
Folge dieser Konstellation von Verunsicherung und Extremismus ist die Verachtung
des Feindes als Nichtmensch, als toller Hund, als Insekt, das zertreten werden
muss. So will der SS-Chef Hess mit einer Geste der Verachtung 10 000
„Russentiere“ zu Tode schinden, um einen deutschen Panzergraben zu bauen
(tatsächlich haben die deutschen Faschisten um die drei Millionen Russen in
Kriegsgefangenenlagern verhungern lassen oder umgebracht), während Bin Laden
Tausende Zivilisten, also Unbeteiligte, ohne Skrupel töten lässt, um militärisch
sinnlose, aber medienwirksame Terrorakte zu inszenieren. Sie sind für die
faschistischen Islamisten Ungläubige, die sowieso in der Hölle Allahs schmoren
werden. Beiden gemeinsam ist nicht nur der Hass gegen die Juden, sondern ganz
allgemein ihre irrationale Weltdeutung. Und beide stabilisieren faktisch bei
allen irrationalen Antikapitalismus die kapitalistische Marktwirtschaft, die
doch allererst die soziale Krise, auf die sie reagieren, verursacht hat. Im
deutschen Faschismus war das vorgeschobene antikapitalistische Moment z.B. die
Unterscheidung zwischen „schaffenden und raffenden Kapital“ (obwohl jedes
Kapital notwendig beide Formen durchmacht). Bei den Islamisten ist es z.B. das Zinsverbot, das doch trickreich
umgangen wird.
Im Glaubensbekenntnis
einer Muslimbruderschaft heißt es: „Ich glaube, dass ein Muslim die Pflicht
hat, den Ruhm des Islam neu zu beleben, indem er die Renaissance der Völker fördert
und die islamische Gesetzgebung (die Handabhacken bei Diebstahl und Steinigung
bei Ehebruch beinhaltet, d.Verf.) wiederherstellt. Ich glaube, dass die Fahne
des Islam die Menschheit beherrschen sollte und dass es Pflicht eines jeden
Muslims ist, die Welt von den Regeln des Islams zu unterrichten. Ich gelobe mein
Leben lang zu kämpfen, um diese Mission zu erfüllen, und ihr alles, was ich
besitze, aufzuopfern.“ (Zitiert nach: Ulfkotte, Krieg in unseren Städten, S.
252 f.) Entsprechend sieht die
Praxis eines solchen Widerstandes aus. Statt Emanzipation Terror. Anstatt die
Menschen aufzuklären werden unschuldige Zivilisten abgeschlachtet. Die
christliche Vorstellung von der Erbsünde wird übernommen, obwohl sie im Islam
gar nicht vorkommt, und zur Legitimierung von Massenmord benutzt. Pohly und Durán
beschreiben den Märtyrerkult der „Al-Qa-ida“: „In den Schriften des
Abdullah Àzzam, bin Ladens Mentor, werden die in Afghanistan gefallenen Araber
auf eine Weise verherrlicht, die glauben macht, der eigentliche Lebenszweck sei
es, sich von Ungläubigen zerfetzen zu lassen, um somit der 72 Jungfrauen
habhaft zu werden, die angeblich dem Märtyrer im Paradies zustehen. Àzzam und
seine Gefährten können sich nicht genug darin ergehen, den wunderbaren Zustand
der gefallenen Kameraden zu schildern. Deren Leichnam verwese nie, im Gegenteil,
er ströme einen lieblichen Geruch aus.“ (Pohly/Durán, bin Laden, S. 76 f.)
Die Bestimmung des
Islamismus als islamischen Faschismus hat Konsequenzen für das politische
Verhalten gegenüber derartigen Gruppen. Sympathien von linken Organisationen
mit islamistischen Kämpfern gegen das kapitalistische System zeugt von
abgrundtiefer Dummheit. Ein Widerstand, der nicht auf die Ursachen der Gewalt
reflektiert und keinen emanzipatorischen Anspruch hat, unterscheidet sich nicht
grundlegend von seinen Gegnern. Eine Linke kann sich mit solchen religiösen
Gangstern nicht verbünden, will sie nicht ihre emanzipatorische Intention
aufgeben. Eine romantische Verklärung bärtiger Revolutionskrieger in den
Schluchten des Hindukusch entspricht dem Niveau von Rambofilmen. Nur weil jemand
einen antikapitalistischen Slogan von sich gibt, ist er noch kein Verbündeter.
Diese Leute positiv sehen kann nur jemand, der kein ethisches Moment in seiner
Gesellschaftsanalyse hat (falls er überhaupt eine Analyse kennt). Jede
Widerstandsorganisation in der Welt ist danach zu bewerten, ob sie
emanzipatorische Intentionen enthält, die sich auf die ganze Menschheit
beziehen. Ist dies nicht der Fall, kann sie bestenfalls untersucht und in ihrer
tatsächlichen Wirkung eingeschätzt, aber nie als potenzieller Verbündeter
angesehen werden. Religiös bestimmter Widerstand ist per se reaktionär und hat
geistig noch nicht einmal das zivilisatorische Niveau der kapitalistischen Händlernationen
erreicht.
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Rational betrachtet
ist die Religion voller Widersprüche, das prädestiniert sie als Ideologie, was
sie sonst auch noch sein mag. Christliche Reaktionäre und islamische Faschisten
haben aber ein Bewusstsein, das sie in die Nähe des klinischen Wahns bringt,
eine immanente Kritik, wie sie Tibi versucht (siehe sein Buch „Der wahre Iman“), greift zu kurz, diese extremistische Ideologie lässt
sich nur aus den Interessen derer erklären, die sie dafür benutzen, die
Menschen aufeinander zu hetzen. Allgemein ist Religion entweder direkter Anlass
der Gewalt auf Grund von Wahnvorstellungen oder einer rohen Vernunft, die sich
selbst nicht versteht. Oder Religion sichert kapitalistische Gewaltverhältnisse
ab, ob bewusst eingesetzt (und sei es als „Priesterbetrug“) oder objektiv
ihrer Funktion entsprechend als affirmatives falsches Weltverständnis.
Religion lässt sich
aber nicht abschaffen. Atheistische Propaganda, an sich ein fragwürdiges
Unterfangen, hat die Religion wie z.B. in der früheren Sowjetunion nicht
beseitigt, weil die Entfremdung in der sozialen Realität nicht verschwunden
war. Gewaltsame Bekämpfung der Religion erzeugt eher Märtyrer, als dass sie
die Religion liquidiert. Nur die geduldige Aufklärung, die auf das Selbstdenken
der Menschen setzt, kann dazu führen, dass sie allmählich als Ausdruck einer
verflossenen Epoche abstirbt. Voraussetzung dieser Aufklärung sind jedoch
soziale und ökonomische Bedingungen, die nicht mehr auf Herrschaft von Menschen
über Menschen beruhen, die Wohlstand für alle Menschen gewährleisten und die
auf einsichtigen Prinzipien beruhen.
Entgegen der
Verachtung freiheitlicher Rechtsgrundsätze in Teilen der kommunistischen Bewegung sind die notwendigen Bedingungen eines emanzipatorischen
Sozialismus die Errungenschaften des bürgerlichen Zeitalters, hinter die man
nicht zurückfallen darf, wenn man den Anspruch hat, eine humanere Gesellschaft
als die kapitalistische zu bilden. Oder anderes ausgedrückt, wer als Sozialist
bzw. Kommunist hinter die bürgerlichen Freiheitsrechte zurückfällt, ist kein
Sozialist, denn die Mittel prädeterminieren die Ziele. Der bürokratische
Kollektivismus in der Sowjetunion und der DDR enthielt bestenfalls einige Ansätze
einer entwickelteren Menschheit. Dennoch reichen die bürgerlichen
Freiheitsrechte nicht aus, wie gezeigt, um einen dauerhaften Frieden zu
organisieren. Vor allem die Ökonomie muss unter die Kontrolle der Menschen
gebracht werden, und zwar so, dass deren gegenwärtige Dynamik, die ständig die
reale Möglichkeit zum Krieg enthält, verschwindet. Das heißt, die Arbeit der
Menschen muss vor allem der Gebrauchsgüterproduktion dienen, nicht der
Profitproduktion und dem irrationalen Zwang zur Akkumulation des Mehrwerts. Erst
dann wird eine Menschheit denkbar, die von Solidarität beherrscht ist und nicht
durch die Konkurrenz hindurch dem Menschen entfremdete Ziele realisiert. Das
automatische Subjekt (Kapital) muss ersetzt werden durch die solidarische
Menschheit als vernünftiges Subjekt. Es muss gelten: „Die Arbeit des
Individuums für seine Bedürfnisse ist ebensosehr eine Befriedigung der Bedürfnisse
der anderen als seiner eigenen, und die Befriedigung der seinigen erreicht es
nur durch die Arbeit der anderen. – Wie der Einzelne in seiner einzelnen
Arbeit schon eine allgemeine Arbeit bewußtlos vollbringt, so
vollbringt er auch wieder die allgemeine als seinen bewußten Gegenstand; das
Ganze wird als Ganzes sein Werk, für das er sich aufopfert und eben
dadurch sich selbst von ihm zurückerhält. – Es ist hier nichts, das nicht
gegenseitig wäre“. (Hegel: Phänomenologie, S.265)
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Zu den
Rechtsforderungen Kants müssen also noch andere, die ökonomischen Bedingungen
des Friedens regelnde Grundsätze hinkommen. (Die Erläutrungen in Klammern
markieren vor allem die antireligiöse Auswirkung dieser Artikel.) Dazu gehören
:
- Die
Produktivkräfte müssen in allen Staaten unter die gemeinsame Kontrolle der
jeweiligen Gesellschaft gebracht werden. Es wird das produziert, was den
genuinen (nicht manipulierten) Bedürfnissen der Menschen entspricht, nach
einem gemeinsam verabredeten Plans.
(Dieser Grundsatz
entzieht den Krisenideologien die Basis, indem er die Krisen abschafft.)
- Das
Austauschverhältnis im freiwilligen Welthandel richtet sich nicht nach den
(kapitalistisch bestimmten) Werten (durchschnittliche Arbeitszeit auf der
Basis der entwickelten Produktivkräfte), sondern nach der tatsächlichen
Arbeitszeit, die in den jeweiligen handeltreibenden Ländern vorherrscht.
(Damit wird die Ausbeutung
der 3. Welt über den Handel beendet und das entzieht den Ideologien ein
wichtiges Argument.)
- Alle
entwickelten Staaten geben einen nennenswerten Teil (z.B. 5 – 10 %) je
nach Absprache) ihrer jährlichen Wirtschaftsleistung als solidarischen
Beitrag an die ökonomisch unterentwickelten Länder bzw. Regionen unabhängig
vom politischen System der Empfängergebiete ab, um die Lebensverhältnisse
auf der Erde anzugleichen. Ausgenommen davon sind nur Länder und Regionen,
die zum Krieg rüsten, ihn vorbereiten, anfangen oder führen.
(Dadurch wird eine ökonomische
Entwicklung beschleunigt, die Basis für eine kulturelle Entwicklung sein kann.)
- Alle
Staaten akzeptieren die um die sozialen Rechte erweiterten Menschenrechte.
Das Recht auf Privateigentum berechtigt nicht zur individuellen Verfügungsgewalt
über Produktionsmittel (Unternehmen, Fabriken, Werkstätten, wirtschaftlich
nutzbaren Grund und Boden, Bodenschätze, Dienstleistungsbetriebe usw.)
(Die universelle
Durchsetzung der Menschenrechte – korrigiert durch Einschränkung ihres
kapitalistischen Elements – ermöglicht Aufklärung und Rationalität, die
religiöse Strömungen trockenlegen könnten.)
- Alle
Länder praktizieren eine strikte Trennung von Politik und Religion. Im
zwischenstaatlichen Bereich dürfen weder religiöse noch offenbar
irrationale Gründe akzeptiert werden. Probleme zwischen Staaten sollen mit
rationalen Argumenten ausgetragen werden, indem die unterschiedlichen
Interessen offengelegt werden.
(Dies verhindert,
dass Religion sich auf die Politik auswirkt.)
- Die
Förderation aller Staaten der Erde hat ein Vetorecht gegen jede
kriegerische Auseinandersetzung im zwischenstaatlichen Bereich.
(Toleranz im Religiösen
kann keine Toleranz gegenüber den Intoleranten bedeuten. Die sozialistische Völkergemeinschaft
muss auch die Macht haben, gegen kriegerische Aggression vorzugehen.)
- Die
Staaten praktizieren eine innere institutionalisierte Machtkontrolle. Krieg,
außer die unmittelbare Verteidigung, bedarf, wenn er überhaupt nicht
umgangen werden kann und die Förderation der Staaten nicht ihr Veto
einlegt, der international überprüfbaren Abstimmung aller Teile der Bevölkerung
(also auch der ständig im Land wohnenden Nicht-Staatsbürger).
(Extreme
Religionsgruppen, die immer nur eine Minderheit darstellen, hätten danach keine
Chance Kriege zu provozieren.)
Der Einwand, diese
Grundsätze eines dauerhaften Friedens wären genau so idealistisch (und damit
wirkungslos) wie Kants Forderungen, mag in Anbetracht des heutigen Bewusstseins
der Massen und des gegenwärtigen kapitalistisch bestimmten Weltzustandes
richtig sein. In Anbetracht aber der inneren Dynamik dieses Wirtschaftssystems
und der inzwischen angehäuften Destruktivkräfte sind diese Grundsätze die
einzig realistischen, denn sie stellen die notwendigen Bedingungen des Überlebens
der Menschheit dar. Es gibt langfristig nur die Alternative zwischen dem
Kirchhofsfrieden, den das Kapital früher oder später hervorbringen wird, oder den Frieden einer von allen gewollten sozialistischen Weltordnung.
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