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Bodo Gaßmann
„Ich glaube nur an Dinge, die ich messen kann.“
Über das verkorkste Selbstbewusstsein des Wissenschaftsbetriebs
Zweifellos ist der Nachweis von Gravitationswellen, wenn er sich denn bewahrheitet, eine exzellente Leistung der Physiker um Karsten Danzmann in Hannover. Man bringt ihn sogar für den Nobelpreis ins Gespräch. Allerdings lässt der obige Satz von ihm (HAZ v. 13.2.2016, S. 4) an der Exzellenz zweifeln.
Erst einmal ist Wissenschaft kein Glauben, sondern geht auf wahres Wissen – es sei denn man ist Anhänger der Paradigmen-These, die sich vom Begriff der Wahrheit verabschiedet hat und statt Argumente vorzubringen - überreden will. Sie transponiert die Wahrheit in den Willen zur Macht, die wissenschaftliche Anstrengung in Irrationalität. Da Danzmann und seine Mitstreiter anscheinend doch etwas herausgefunden haben, leidet seine obige Aussage an Bewusstseinsspaltung: Er macht solide Physik und hat zugleich ein irrationales Selbstbewusstsein über sein Tun. Das zeigt sich vor allem an seiner Behauptung, nur Dinge gelten zu lassen, die man messen kann.
Diese Aussage ist ein Satz, der besteht bekanntlich aus einem grammatischen Subjekt, Prädikat und Objekt. Das aber sind Begriffe, die der menschlichen Sprache vorausgesetzt sind, diese reflektieren und - nicht „messbar“ sind. Der obige Satz widerspricht sich also selbst. Empirische Wissenschaft lässt sich nicht betreiben, ohne theoretische Voraussetzungen. Bereits die Suche nach Gravitationswellen hat die Einsteinsche Relativitätstheorie zur Voraussetzung, die metaphysisch ist, nicht durch empirische Messung begründet. Der obige Satz enthält die Kategorien Substanz und Quantität, die ebenfalls metaphysisch (übersinnlich) vorausgesetzt sind (etwa transzendental begründet wie bei Kant). Und entscheidend: zum Messen benötigt der Wissenschaftler einen Maßstab. Dieser wird mehr oder weniger willkürlich aus pragmatischen Gründen festgelegt; ein Maßstab selbst aber lässt sich nicht messen. Wenn das Selbstbewusstsein, das Bewusstsein über das wissenschaftliche Bewusstsein, wie es bei Danzmann in seinem Satz erscheint, schlicht Blödsinn ist, dann wirft dies ein Licht auf den Wissenschaftsbetrieb, in dem so etwas gedacht wird. Dieser ist nach Peter Bulthaup durch Zerfall des Denkens, die Proletarisierung der Gelehrten, also Heteronomie statt Autonomie, und durch die Irrationalisierung der wissenschaftlichen Standards gekennzeichnet (Gesetz der Befreiung, S. 19 ff.)
Im Übrigen entspricht die intellektuell hochgezüchtete Naturwissenschaft und ihr irrationales Selbstbewusstsein darüber genau dem kapitalistischen System, das ständig die technische Rationalität steigert und zugleich das irrationale Ganze, das die Gründe für Kriege, Hunger und Flucht abgibt, ideologisch in einen Schleier hüllen muss. Werden diese Wissenschaftler dann auch noch solche, die Waffen produzieren, so werden sie zu erfinderischen Zwergen (Brecht mit Nietzsche), die zu allem zu mieten sind. Es versteht sich von selbst, dass diese gar kein wahres Selbstbewusstsein haben wollen.
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